„Mach er Mir tüchtige Officirs!“

Als Maria Theresia am 14. Dezember 1751 in einer Entschließung die Gründung einer Militärakademie und einer „Militärpflanzschule“ in Auftrag gab, waren es vor allem die Erfahrungen aus den Kriegen, die sie in den ersten Jahren ihrer Regierung führen musste, die in ihr die Erkenntnis hatten reifen lassen, dass ihre Länder trotz deren Größe und natürlichen Reichtums auch in militärischer Hinsicht im Konzert der europäischen Mächte keineswegs die erste Geige spielen konnten.

Doch die Ursachen dafür lagen freilich nicht allein im Militärwesen begründet, sondern vor allem in der nach wie vor eher feudalen als modernen Organisation des gesamten Staatswesens. Noch immer hatten etwa vor allem die Stände die Kontrolle über die Abgaben.  Auch Kontributionen für den Krieg flossen dementsprechend spärlich. Das Reformprogramm, das Maria Theresia dementsprechend ins Werk setzte, war daher höchst umfangreich und umfasste so gut wie alle Bereiche staatlichen Handelns. Maria Theresia schrieb in ihrem politischen Testament dazu: „Bis zu dem Dresdner Frieden habe herzhaft agieret, alles hazardieret und alle Kräften angespannt […]. Und wie gesehen, daß die Hände zu dem Dresdener Frieden reichen mußte, so habe auf einmal meine Gedenkensart geändert und solche allein auf das Innerliche deren Länder gewendet, umb die erforderlichen Maßreguln zu ergreifen […].“[1] Daher war es naheliegend, dass sie als eine der Grundlagen aller weiteren Reformschritte eine Staats- und Verwaltungsreform in Angriff nahm, die den Ständen die Kontrolle über die Steuererhebung und Rekrutierung nun vollständig aus der Hand nahm.[2]

Neben der mangelhaften Finanzierung und Ausrüstung war es aber vor allem die fehlende Disziplin der habsburgischen Truppen, die die Armee als wenig schlagkräftig dastehen ließ. Wohl nicht zuletzt das Vorbild ihres großen Gegners Friedrich II. von Preußen, an den sie Schlesien verloren hatte, und der die Bedeutung einer guten Kommandoführung und eines tüchtigen Offizierskorps längst erkannt – und diese Erkenntnis auch beherzigt hatte, zeigte Maria Theresia die Notwendigkeit einer soliden Offiziersausbildung. Allzu schmerzlich hatte sie die hoffnungslose Unterlegenheit ihrer Truppen und vor allem unbegreifliche Rückständigkeit der Kommandeure erleben müssen. So war Friedrich II. etwa am 16. Dezember 1740 in Schlesien einmarschiert, seine Truppen nahmen in einem kurzen und man könnte sagen, reibungslosen Feldzug das Land binnen zwei Monaten mehr oder weniger ein – denn die österreichischen Truppen waren noch nicht einmal ins Feld gezogen. Der Oberkommandierende Neipperg hatte schlicht beschlossen, erst Anfang April, wie es eben alte Sitte war, die Kampagne zu beginnen.[3]

Die Stärkung und „Modernisierung“ des Offizierskorps gehörten daher zu den entscheidenden Bereichen der Militärreformen Maria Theresias. Ein Schritt dazu war es, das Prestige der kaiserlichen Offiziere zu fördern. Es ist daher kein Zufall, dass die männlichen Habsburger - sogar als kleine Kinder – ab nun bevorzugt in Uniform dargestellt wurden. 1751 erklärte man die Offiziersuniform zudem als „Ehrenkleid“ und damit hoffähig. Trotzdem gelang es nicht, den heimischen Adel für die militärische Laufbahn zu begeistern. Daher waren es nicht zuletzt Bürgerliche, für die das Heer respektable Aufstiegschancen bedeutete. Mit der Schaffung eines kostenlosen Militärerziehungssystems das anfangs aus einer „Militärpflanzschule“ in Wien und der Kadettenakademie in Wiener Neustadt bestand, die 18 Jahre später vereinigt wurden, wurde dazu weiter beigetragen. Die „Militärpflanzschule“ stand zuerst 100, später 200, Söhnen verarmter Adeliger und altgedienter Offiziere zwischen 8 und 13 Jahren offen, die – den schulischen Erfolg vorausgesetzt – mit 14 Jahren an der Kadettenschule in Wiener Neustadt ihre weitere Erziehung erhalten sollten.[4] Die Zielsetzung Maria Theresias war klar – im Geiste des Gedankens der Nützlichkeit ging es ihr um die Schaffung eines, den modernen Verhältnissen angepassten, Offizierskorps. Ihre Order an den ersten Kommandanten Feldmarschall Leopold Joseph von Daun lautete daher unmissverständlich „Mach er Mir tüchtige Officirs […] darauß“.

Die alt-ehrwürdige Burg in Wiener Neustadt musste vor der Benützung als Militärakademie allerdings erst umfassend umgebaut und saniert werden. Der noch auf die Babenberger zurückgehende Bau hatte unter der Regierung Friedrichs III eine Glanzzeit als Residenz erlebt. Doch schon Maximilian I entzog ihr die Funktion als dauerhafte Residenz wieder. In den Folgejahren diente sie immer wieder als Kerker und wurde während der ersten Türkenbelagerung Wiens sowie mehrere Brände im 17. Jahrhundert schwer in Mitleidenschaft gezogen. In den 1740er Jahren hatte die Burg als Lager für französische Kriegsgefangene gedient, als jedoch im Lager eine Seuche ausbrach wurde die Burg geräumt und blieb der Infektionsgefahr wegen für zwei Jahre gesperrt. Danach blieb sie unbenützt und verwahrloste. Matthias Gerl, der etwa auch für die Erweiterung der Böhmischen Hofkanzlei in Wien verantwortlich zeichnete, wurde daher beauftragt, die Umbauten und Sanierungsarbeiten durchzuführen und das Gebäude dem neuen Nutzungszweck entsprechend zu adaptieren.

Heute ist sie die älteste sowohl aktive als auch durchgängig der Offiziersausbildung gewidmete Militärakademie der Welt.

 

Quellen und weitere Infos:

Michael Hochedlinger, „Die schöne Armee“ Maria Theresia und die bewaffnete Macht. In: Elfriede Iby/Martin Mutschlechner/Werner Telesko/Karl Vocelka (Hrsg.), Maria Theresia 1717-1780. Strategin - Mutter  - Reformerin, Ausstellungskatalog Wien 2017.

Helga Peham, Maria Theresia – ganz privat, Wien 2003.

Barbara Stollberg-Rilinger, Maria Theresia. Die Kaiserin in ihrer Zeit, München 2017.

 https://de.wikipedia.org/wiki/Theresianische_Milit%C3%A4rakademie#Geschichte

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/332741_Mach-er-Mir-tuechtige-Officirs.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_in_Wiener_Neustadt

https://de.wikipedia.org/wiki/Mathias_Gerl

 

 



[1] Peham, 148.

[2] Hochedlinger, S. 113.

[3] Stollberg-Rilinger, 76 ff.

[4] Hochedlinger, S. 114f.