Mit neun Jahren zum König gekrönt

Heute vor 333 Jahren - am 9. Dezember 1687 – wurde der spätere Kaiser Joseph I. im Alter von nur 9 Jahren in Pressburg (dem heutigen Bratislava) zum König von Ungarn gekrönt. Zwei Jahre später wurde er auch römischer König. All das geschah noch zu Lebzeiten seines Vaters – was auf den ersten Blick befremdlich erscheint, aber für Jahrhunderte gängige Praxis war, galt es doch die reibungslose Abwicklung der Nachfolge zu sichern.

Joseph war die große Zukunftshoffnung der Habsburger, der eine Herrscher, in dem alle guten Eigenschaften des Erzhauses zu kumulieren schienen. Er war gutaussehend und galt als ausgesprochen klug. Als er gerade drei geworden war, berichtete sein überaus frommer Vater Kaiser Leopold I. stolz dem berühmten Kapuzinerpater Marco d’Aviano, dass der Kronprinz bereits mehrere Gebete auf Latein fehlerfrei hersagen könne – wenige Monate danach beherrschte er sie auch auf Deutsch.

Dass er allerdings mit 9 Jahren bereits zum König von Ungarn gekrönt wurde, hatte andere Gründe. Denn um die Länder der Stephanskrone tobte zu dieser Zeit nach wie vor der sogenannte „Große Türkenkrieg“! Vier Jahre vor Josephs ungarischer Krönung, hatte Wien eine Belagerung durch die osmanischen Heere überstanden und Joseph war mit seiner Familie und rund 80.000 Bürgern aus der kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt geflohen. Nach dem Sieg in Wien im September 1683 allerdings hatten die Habsburger zur Gegenoffensive angesetzt und eroberten bis 1699 weite Gebiete von den Osmanen zurück.

Erst ein Jahr vor Josephs Krönung war die alte Hauptstadt Ofen (heute Budapest) nach 143 Jahren osmanischer Herrschaft von den Kaiserlichen erstürmt worden. Der Belagerung und Eroberung der Stadt war ein entsetzliches Massaker gefolgt, das Tausenden das Leben gekostet hatte.

Vier Monate vor der Krönung des kindlichen Königs hatten die habsburgischen Truppen eine weitere wichtige Schlacht für sich entscheiden können. Die siegreiche Schlacht bei Mohács, ungefähr 200 Kilometer südlich von Budapest, am 12. August 1687. Unter dem Einfluss dieses Sieges der Habsburger hatten die ungarischen Stände auf dem Reichstag die Erblichkeit der ungarischen Krone für das Haus Habsburg anerkannt – etwas das beileibe nicht selbstverständlich war, war (und blieb) das Verhältnis der ungarischen Magnaten zu den Habsburgern doch immer zumindest zwiespältig. Die Krönung des kleinen Joseph am 9. Dezember 1687 muss daher auch unter diesem Licht gesehen werden. Der Kaiser Leopold I wollte damit wohl nicht zuletzt die Gunst der Stunde nutzen um seinen Sohn krönen zu lassen!

 

 

Weitere Infos und Quellen:

Brigitte Hamann (Hrsg.), Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon, Wien 1988.

Sabine Weiss, Zur Herrschaft geboren. Kindheit und Jugend im Haus Habsburg, Innsbruck 2008.

https://kapuzinergruft.com/kaiser-joseph-i

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Joseph_I.

https://de.wikipedia.org/wiki/Belagerung_von_Ofen_(1684/1686)

https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Moh%C3%A1cs_(1687)

https://de.wikipedia.org/wiki/Zweite_Wiener_T%C3%BCrkenbelagerung

https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fer_T%C3%BCrkenkrieg