Unbefleckt und allgegenwärtig

Mariä Empfängnis ist der wohl am häufigsten missverstandene katholische Feiertag überhaupt. Man denkt kurz darüber nach, wie eine Empfängnis am 8. Dezember zu einer Geburt nur knapp zwei Wochen später führen kann – und lässt den Gedanken sofort wieder fallen, denn wenn wir es schon mit dem Wunder einer jungfräulichen Geburt und der Geburt des Heilands überhaupt zu tun haben – warum nicht dann auch mit einer wunderbaren Schwangerschaft von nur zwei Wochen?

Doch hier unterliegen wir einem Denkfehler! Denn der 8. Dezember hat nichts damit zu tun, dass Maria ein Kind, also Jesus, empfangen hat – das wird terminlich genau passend am 25. März mit dem Fest Mariä Verkündigung gefeiert – sondern damit, dass Maria selbst von ihrer Mutter Anna ohne Sünde empfangen wurde! Der Festtag Mariä Geburt ist dementsprechend auch wiederum terminlich genau passend am 8. September, also exakt neun Monate später.

Hinter dem Fest „Mariä Empfängnis“ steckt eines der – vor allem in der heutigen Welt - am schwersten zu erfassenden, theologischen Konstrukte überhaupt. Doch im 17. Und 18. Jahrhundert prägte es die Glaubensvorstellungen und es war vor allem ganz zentrales Element jener als „Pieatas Austriaca“ bezeichneten Frömmigkeit der Habsburger. Denn für die Habsburger war ihre Religiosität keineswegs Privatsache der jeweiligen Familienmitglieder, sondern ganz im Gegenteil war sie eine Staatsangelegenheit und es war die absolute Verpflichtung dem Volk auch im Glauben ein Vorbild zu sein.

Insbesondere in der Zeit der Gegenreformation und der religiösen Kriege wurde von den Habsburgern die Marienfrömmigkeit besonders betont – war sie doch ein fast idealtypisches Unterscheidungsmerkmal zwischen Protestanten und Katholiken. Die Marienfrömmigkeit wurde daher von den Habsburgern auch regelrecht propagiert, um das Volk auf den richtigen – also katholischen - Weg zurückzuführen. Daher nimmt es nicht Wunder, dass das Bild der „immaculata concepta“ also der unbefleckt Empfangenen in Österreich nahezu allgegenwärtig ist. Jede Stadt, ja sogar jede größere Ortschaft verfügt über eines der typischen Standbilder und auch an zahlreichen, während des 17. und 18. Jahrhunderts errichteten Häuser lässt sich ihr Bildnis finden. Die Ikonographie ist immer eindeutig – Maria mit dem Sternenkranz über ihrem Haupt steht auf der Erdkugel und zertritt dem Bösen in Form einer Schlange den Kopf, siegt also über das Übel.

Für die Habsburger war sie daher auch die Siegerin über die Ungläubigen, die ja aus ihrer Sicht das Übel schlechthin verkörperten. Schon im Dreißigjährigen Krieg unterstellte der damalige Kaiser Ferdinand III seine Heere, ja sein gesamtes Reich der siegreichen Himmelskönigin. Sie wurde zur „magna mater austriae“, zur großen Mutter der habsburgischen Länder. Die Habsburger setzten sich daher auch dafür ein, dass die unbefleckte Empfängnis zum Dogma erklärt werden solle. 1708 wurde der Feiertag zwar bereits für die gesamte katholische Kirche vorgeschrieben, doch tatschlich zum Dogma wurde die unbefleckte Empfängnis erst 1854.

In Österreich ist der Tag - der heutzutage vor allem als umstrittener Einkaufstag in aller Munde ist – übrigens seit dem 17. Jahrhundert ein Feiertag. Lediglich während der Zeit der NS-Diktatur war er abgeschafft und wurde nach der Unabhängigkeit Österreichs 1955 wieder als gesetzlicher Feiertag eingeführt.

 

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https://www.katholisch.at/mariaeempfaengnis