Der Schilling verliert 2/3 seines Werts!

Amtlicherseits wurden für den 9. Dezember 1947 verkürzte Ladenöffnungszeiten vorgeschrieben, da ab dem nächsten Tag nur noch die neue Währung Gültigkeit haben sollte und den Geschäftsleuten damit mehr Zeit eingeräumt werden sollte, ihre Abrechnungen zu machen. Doch an diesem Dienstag kam der Handel in Wien und Umgebung ohnehin fast zum Erliegen, denn nur mehr die wenigsten Läden waren bereit, die ja noch gültigen Schillingnoten anzunehmen.

Am 10. Dezember trat das sogenannte Währungsschutzgesetz dann in Kraft: Lediglich 150 Schilling pro Person konnten im Verhältnis 1:1 umgetauscht werden, alles Bargeld das jemand darüber hinaus in Besitz hatte, war über Nacht nur noch ein Drittel wert. Erschwerend kam hinzu, dass für den Umtausch lediglich 14 Tage Zeit anberaumt waren, danach waren die alten Schillinge sogar gänzlich wertlos.

Die Versorgung mit Bargeld und eine stabile Währungspolitik hatten die österreichischen Regierungen nach dem Endes des Zweiten Weltkrieges vor schier unlösbare Aufgaben gestellt. Österreich stand im Sommer 1945 praktisch ohne Bargeld da, ein Druck neuer Noten war so gut wie unmöglich. Zuerst hatte es sogar Pläne gegeben, alte Reichsmarknoten mit dem Vermerk „Österreichische Schillinge“ zu versehen. Das scheiterte jedoch, da diese Lösung nur für die östlichen Landesteile unter sowjetischer Kontrolle gegolten hätten und auch eine zeitnahe Umsetzung unmöglich schien. Die nächsten Pläne betrafen einen provisorischen Umtausch der Reichsmark in in den USA gedruckte Militär-Schillinge, die erst nach und nach durch Banknoten heimischer Produktion ersetzt werden sollten. Gegen diese Pläne legte die UdSSR im letzten Moment ihr Veto ein. In der Zwischenzeit war es Oktober 1945 geworden und die Frage einer Bargeldversorgung war noch immer ungelöst.

Erschwert wurde die Schaffung einer neuen Währung zudem auch dadurch, dass es bei alledem immer nicht nur um die Bargeldversorgung von Bevölkerung und Wirtschaft ging, sondern auch um die Deckung der Besatzungskosten. Die Alliierten setzen Österreich in dieser Frage gehörig unter Druck und machten alle von Österreich gewünschten Lösungen davon abhängig. Schließlich sprachen die Besatzungsmöchte ein echtes Machtwort: im Spätherbst 1945 forderte die Alliierte Kommission von Österreich bis Mitte Dezember desselben Jahres die Zurverfügungstellung von Banknoten im Wert von 4 Milliarden Schilling, wovon 1,5 Mrd. den Bestatzungsmächten übergeben werden sollten.

Das Schillinggesetz vom Dezember 1945, das diese von Österreich wenig geliebte Lösung fixierte, war aber dennoch nur eine Zwischenlösung, hatte es doch kein Geldvermögen der zu Kriegsende inflationär angeworfenen Notenpressen abgeschöpft, sondern dieses nur blockiert und auch die Besatzungskosten wirkten inflationstreibend. Um eine galoppierende Inflation wie in den 1920er Jahren zu verhindern war also eine Währungsreform unumgänglich.

Dass innerhalb von zwei Jahren nun nochmals Banknoten eingezogen und auch die Sperrkonten gestrichen wurden, war verständlicherweise nicht eben populär und es wurde auch zum Sprengmittel der bisherigen Regierung aus ÖVP, SPÖ und Kommunisten. Denn während ÖVP und SPÖ die Währungsreform befürworteten, wandte sich die KPÖ strikt dagegen und schied aus der Regierung aus. Damit war das Währungsschutzgesetz von 1947 nicht nur der Grundstein der Erfolgsgeschichte des Schillings als stabiler Währung sondern auch der Startschuss für die bis 1966 andauernde Ära der „Großen Koalitionen“.

 

 

 

 

Quellen und weitere Infos:

 

Hans Seidl, Währungsreform und Besatzung in Österreich 1945-47. In: Wirtschaft und Gesellschaft, 25. Jahrgang (1999), Heft 3.

Wiener Zeitung Nr. 285, 9. Dezember 1947.

https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4hrungsreformen_in_%C3%96sterreich

https://www.parlament.gv.at/PERK/HIS/REP2/

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/M%C3%BCnzwesen