Eine Giraffe auf dem Graben?

Auf den Rücken eines Kamels gebunden begann der junge Giraffenbulle Anfang des Jahres 1828 seine Odyssee aus dem Sudan nach Wien. Per Kamel wurde der Nil erreicht, von dort ging es weiter an die Küste, dann per Schiff über das Mittelmeer bis schließlich Poveglia, eine Insel südlich von Venedig, angefahren wurde. Dort gingen Tier und Begleitung erstmal für 40 Tage in Quarantäne ehe der Tross nach Rijeka eingeschifft wurde. Von dort musste die junge Giraffe ihren Weg in 15 bis 20-Kilometer Etappen zu Fuß weiter fortsetzen – wofür sie sogar Schuhe bekam. Trotzdem war der Giraffenbulle ausgesprochen erschöpft, als er in Karlovac ankam. Aufgrund des schlechten Zustands des Tieres wurde ihm ein Wagen gebaut, mit dem die Giraffe von Pferden gezogen nach Wien transportiert wurde. Schließlich wollte man das kostbare Geschenk des Vizekönigs von Ägypten an den Kaiser auch wohlbehalten in Wien abliefern. Kaiser Franz I. in Wien war übrigens erst der dritte, dem von Mohammed Ali Pascha eine Giraffe verehrt wurde – die ersten beiden Exemplare bekamen Karl X. von Frankreich und Georg IV. von England.

Dort wo für die erste Wiener Giraffe die Odyssee endete, begann aber nun ein beispielloser Hype um das in Wien bislang nur von Bildern und Präparaten bekannte Tier. Es wurde ein Giraffenball organisiert, es gab eigene „Galoppes à Giraffe“ zu hören und im Theater in der Leopoldstadt hatte es schon im Mai, als die Giraffe noch auf ihrem beschwerlichen Weg war, das Stück „Die Giraffe in Wien (Alles à la Giraffe)“ zu sehen gegeben.

In Schönbrunn mussten nun auch acht Grenadiere abgestellt werden, um den Andrang der Besucher im Zaum zu halten. Für die Giraffe nahm die Geschichte leider ein trauriges Ende, sie verstarb bereits rund 10 Monate nach ihrer Ankunft in Wien im Juni 1820. Dazu mag wohl beigetragen haben, dass das Tier schon auf ihrem Weg in die Kaiserstadt viel zu leiden hatte. Historische Darstellungen zeigen eine massive Fehlbildung der Hinterbeine, die wohl auf den Transport zurückzuführen war.

Der Tod des jungen Tieres tat allerdings der Giraffenbegeisterung keinen Abbruch. In Wien gab es alles Mögliche und Unmögliche zu kaufen, das man mit Giraffen verzieren konnte. Von Stoffen über Handschuhe und Porzellanwaren war alles zu finden. Aber auch eine eigene Giraffenmode wurde kreiert, so trugen die Damen nicht nur die entsprechenden Kleider a la Giraffe sondern man konnte sich auch eine Frisur a la Giraffe machen lassen um so angetan in eines der mondänen Kaffeehäuser - vielleicht am Gragen - zu gehen und dort Torte a al Giraffe und Kaffee a al Giraffe zu konsumieren.

Der ersten Giraffe  - und rund 25 anderen Tieren - begegnen wir übrigens auch auf meiner Safari durch Wien – Die Termine und Tickets findet Ihr auf: https://vienna-city-guide.regiondo.at/auf-safari-durch-wien

 

Quellen:

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Giraffe

https://www.derstandard.at/story/2000085118816/giraffomanie-anno

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/chronik/wien/965580-Bitte-a-la-Giraffe.html?em_no_split=1