75 Jahre Parlament der 2. Republik

Mehr als 12 Jahre lang hatte in Österreich kein ordentlich gewähltes Parlament mehr getagt, als am 19. Dezember 1945 die Abgeordneten zur konstituierenden Sitzung des Nationalrates sowie des Bundesrates zusammentraten. Denn am 4. März 1933 hatte Engelbert Dollfuß eine Geschäftsordnungskrise des Hohen Hauses dazu genutzt, das Parlament auszuschalten und in Österreich die Austrofaschistische Kanzlerdiktatur des sogenannten Ständestaates einzuführen. Fünf Jahre später hatte Österreich überhaupt aufgehört zu existieren. Mit dem Anschluss an das Deutsche Reich im März 1938 verlor das Land seine Souveränität. Was folgte waren Jahre der Diktatur, des Krieges und der Verfolgung und Ermordung von Millionen Menschen.

Am 13. April 1945 war die Nazi-Diktatur in Wien zu Ende. Die Sowjetische Armee hatte die Stadt zur Gänze eingenommen. Schon am 29. April – nur knapp mehr als zwei Wochen nach der Befreiung und noch vor dem offiziellen Ende des Krieges war das Parlamentsgebäude zwar von der Sowjetischen Besatzungsmacht der provisorischen Österreichischen Regierung unter der Führung von Karl Renner zurückgegeben worden. Zwei Tage zuvor hatten die Vertreter von SPÖ, ÖVP und KPÖ die Unabhängigkeit Österreichs proklamiert und erklärt, die Republik Österreich solle im Geiste der Verfassung von 1920 wiedererrichtet werden. Für den November des Jahres wurde die erste demokratische Nationalratswahl seit 14 Jahren ausgeschrieben aus der die ÖVP mit Leopold Figl an der Spitze mit fast 50% der Stimmen als Siegerin hervorging.

Am 19. Dezember nun traten beide Kammern des Parlaments – Nationalrat und Bundesrat - zur konstituierenden Sitzung der ersten Legislaturperiode der zweiten Republik zusammen. Das Parlament in dem sie nun ihrer Amtsgeschäfte nachgehen sollten, war allerdings nur noch eine Ruine. Denn am 7. Februar 1945 hatte das Haus am Ring einen schweren Bombentreffer erlitten, die Säulenhalle war ausgebrannt, auch der ehemalige Sitzungssaal des Herrenhauses war vollkommen zerstört. Insgesamt war knapp die Hälfte der Bausubstanz in Mitleidenschaft gezogen worden. Der ehemalige Saal des Herrenhauses, der spätere Nationalratssitzungssaal wurde vollkommen neu errichtet, lediglich der Saal der heute der Bundesversammlung als Tagungsort dient und zu Zeiten der Monarchie als Sitzungssaal der Abgeordneten in Funktion war, blieb in der ursprünglichen Gestalt erhalten.

 

Quellen und Info:

Peter Csendes/Ferdinand Oppl, Wien. Geschichte einer Stadt, Band 3, Wien/Köln/Weimar 2006.

Johannes Sachslehner, Wien. eine Geschichte der Stadt, Wien/Graz/Klagenfurt 2012.

Thomas Winkelbauer (Hrsg.) Geschichte Österreichs, Stuttgart 2015.

https://www.parlament.gv.at/PERK/HIS/PARLVERW/1945-Heute/index.shtml

https://www.parlament.gv.at/GEBF/ARGE/Baugeschichte/ZerstoerungWiederaufbau/index.shtml

https://www.parlament.gv.at/GEBF/ARGE/PARLINNEN/SaalNationalrat/

https://www.parlament.gv.at/GEBF/ARGE/PARLINNEN/SaalBundesrat/

https://www.parlament.gv.at/GEBF/ARGE/PARLINNEN/SaalBundesversammlung/index.shtml

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Parlament