Aufklärung? Nur unter Aufsicht!

Erst spät kam die Freimaurerei, die ihren Ursprung in den mittelalterlichen Bauhütten hatte in der Kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt an. Die erste Loge in Wien wurde erst 1770 gegründet. Anfang der 1780er Jahre hatte es in Wien aber bereits acht Logen gegeben. Denn die Maurerei blühte nun im geistigen Klima der Aufklärung, die endlich auch in den österreichischen Ländern Fuß gefasst hatte.

Doch am 11. Dezember 1785 wurde die Hochblüte der Freimaurerlogen in Wien – und auch darüber hinaus im gesamten habsburgischen Herrschaftsgebiet - durch ein „Handbillet“ Kaiser Josephs II. jäh beendet. Ausgerechnet der aufgeklärteste und reformfreudigste Habsburger war es, der die Freimaurer mit Argwohn betrachtete und daher strikt reglementierte.

Die Logen mussten quasi fusionieren, ihre Zahl wurde begrenzt.  Statt der bisher acht, gab es nur noch die beiden Sammellogen „Zur Wohltätigkeit“ und „Zur neugekrönten Hoffnung“. Die Freimaurer wurden darüber hinaus der staatlichen Kontrolle unterworfen. Auch die Zahl der Logen in den Kronländern wurde beschränkt.

Ein Grund dafür mag gewesen sein, dass die Freimaurerei neben der starken aufklärerischen Komponente auch esoterische Elemente in ihrem Gedankengebäude beherbergte. Zudem herrschte ein geistiges Klima im Land, das nicht nur die Vernunft als Maß aller Dinge annahm sondern das auch allerlei Geheimbünden und mystischen Verschwörungstheorien die Bahn ebnete. Kaiser Joseph II hatte daher wohl auch die Befürchtung, die Freimaurer könnten durch derartige Bünde und als schwärmerisch-staatsgefährdend angesehene, konspirative Gruppen quasi unterwandert werden.

Diese Befürchtungen – ob berechtigt oder nicht – waren aber kaum das einzige Motiv hinter dem kaiserlichen „Handbillet“, das der Maurerei in den habsburgischen Ländern letztlich einen Riegel vorschob. Denn Josephs Handlungen standen samt und sonders unter dem Motto „Alles für das Volk, nichts durch das Volk“. Er wollte durchaus reformieren und Staat und Gesellschaft den Maximen der Vernunft und Nützlichkeit unterwerfen, doch all das hatte ausschließlich durch den absolutistischen Staat – also ihn, den Kaiser – zu geschehen! Die Beschränkung und Kontrolle der Freimaurer war daher zweifellos auch ein probates Mittel potentiell unabhängige Geister doch nicht allzu unabhängig werden zu lassen. Schließlich wollte auch der Reformer Joseph lediglich brave Untertanen und keineswegs mündige Bürger!

Dafür spricht auch, dass das Patent vom 11. Dezember 1785 nur den Anfang vom Ende der Freimaurerei in Österreich für eine sehr lange Zeit bedeutete. 1793 lösten sich die Logen auf, zwei Jahre später wurden die Freimaurer verboten. Auch im 19. Jahrhundert konnten sie unter habsburgischer Herrschaft nicht mehr Fuß fassen. Sowohl das geistige Klima des Vormärz wie auch die klerikal-konservative Politik Kaiser Franz Josephs waren nicht dazu angetan, der Maurerei zu neuer Blüte zu verhelfen. Im Gegenteil, sorgte man dafür, dass das Vereinsgesetz 1867 auf Drängen des Kaisers, so abgefasst wurde, dass eine Gründung von Freimaurerlogen ausgeschlossen war. Erst im November 1918 konnte daher wieder eine neue Großloge in Wien gegründet werden.

 

 

Quellen und weitere Infos:

Damals. Das Magazin für Geschichte, 52. Jahrgang 12/2020.

https://de.wikipedia.org/wiki/Josephinismus

https://www.habsburger.net/de/kapitel/der-nuetzliche-kaiser-joseph-ii

https://de.wikipedia.org/wiki/Zur_wahren_Eintracht

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Freimaurer