Die Nikoläuse von Wien

Der Name des Hl. Nikolaus ist in Wien nicht nur am 6. Dezember in aller Munde, denn in der einstigen Kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt sind schließlich das ganz Jahr die „Nikoläuse“ los!

Das liegt zweifellos daran, dass Nikolaus von Myra zu den wichtigsten und wohl bekanntesten Heiligen zählt, obwohl es kaum gesicherte Fakten über sein Leben gibt, aber auch daran, dass es zahlreiche ihm geweihte oder zumindest nach im benannte Orte gibt. Viele davon sind allerdings heute nur noch in der Erinnerung lebendig, auch wenn einige von ihnen zumindest dem Namen nach, noch im Gedächtnis der Stadt verankert sind.

So ist etwa die jetzt dem Hl. Eustachius geweihte Nikolai- oder Nikolauskapelle im 13. Bezirk einer der ältesten Sakralbauten im heutigen Stadtgebiet. Sie wurde um 1200 erbaut, wohl für die Seelsorge des kleinen Ortes Hacking, der nun seit dem 19. Jahrhundert Teil des 13. Bezirks ist. Vom ursprünglich romanischen Bau haben sich die Apsis sowie das östliche Langhausjoch erhalten. Im 14. Jahrhundert wurde die Kapelle der Pfarre Hütteldorf unterstellt. Während der Zweiten Türkenbelagerung wurde das Kirchlein schwer beschädigt, danach wurden die Fassade und das westliche Langhausjoch erneuert. Die Geschichte der Kapelle verlief aber auch in den nächsten Jahrhunderten weiterhin recht turbulent. Im späten 18. Jahrhundert fiel die Nikolauskapelle den Josephinischen Reformen zum Opfer und wurde sogar entweiht. Um nur kurze Zeit später von Fürstin Leopoldine Liechtenstein gekauft und neu geweiht zu werden. 1836 wurde sie nochmals renoviert und mit dem zusätzlichen Patronat St. Eustachius geweiht. Das hatte zur Folge, dass nun bis 1914 bei den Hofjagden am Eustachiustag (20. September) in der kleinen Kirche Gottesdienste gefeiert wurden.

Die Kapelle gab zudem dem Nikolaiberg, auf dem sie sich befindet, seinen Namen ebenso wie dem unmittelbar davor gelegenen Nikolaitor des Lainzer Tiergartens und auch der Nikolausgasse, die dorthin führt. Ganz in der Nähe sind außerdem noch der Nikolaisteg und die Nikolaibrücke – beide überbrücken die Wien - nach der Kirche bzw. ihrem ursprünglichen Patrozinium benannt.  

Mit dieser Anhäufung an „Nikoläusen“ in Hietzing ist es aber noch längst nicht getan – wenn auch diese im Gegensatz zu anderen – noch sichtbar sind. Zu den verschwundenen „Nikoläusen“ gehören etwa die Nikolauskirche und der sie umgebenden Nikloaifriedhof auf dem heutigen Rochusmarkt im 3. Bezirk.

Die ursprüngliche Nikolaikirche dürfte dort spätestens im 12. Jahrhundert als Gotteshaus einer kleinen Vorstadt an der Fernhandelsstraße nach Ungarn entstanden sein. Der dreieckige Marktplatz, den die Siedlung wohl umgab, ist noch heute am Platz vor der Rochuskirche ablesbar. Auf dem Platz entstand später der Nikolaifreithof und dort wurde im 17. Jahrhundert erneut eine Kapelle errichtet, die 1738 sogar durch eine stattliche Barockkirche ersetzt wurde, die aber wiederum nur etwas weniger als 50 Jahre existierte. Denn im Zuge der Josephinischen Reformen wurden der Friedhof aufgelassen und die Kirche abgebrochen.

Ganz in der Nähe, auf dem Areal zwischen der heutigen Salmgasse und der Rasumofskygasse, hatte sich ab dem frühen 13. Jahrhundert auch ein Kloster befunden, das nach der gelegenen, aber nicht zum Kloster gehörigen Nicolai-Kapelle bald Nicolaikloster genannt wurde. Im Laufe der Jahrhunderte rückte auch dieser Konvent immer wieder ins Zentrum der politischen Geschicke der österreichischen Länder. So wurde das Kloster 1270 während des Konflikts der Habsburger mit Ottokar II. Přemysl von ungarischen Truppen verwüstet, woraufhin ein Filialkloster innerhalb der Stadtmauern errichtet wurde, von dem später noch die Rede sein wird. Auch während der Belagerung durch Rudolf I von Habsburg wurde das Nikolaikloster in Mitleidenschaft gezogen. Es wurde aber wiederaufgebaut und sogar erweitert. Später erhielt es von Albrecht I. die niedere Gerichtsbarkeit für seine reichen Ländereien. Mitte des 15. Jahrhunderts wurde das Kloster in die Vorstadtbefestigung mit einbezogen und mit Mauer und Graben mit dem St. Niklas-Torturm verbunden. 1485 wurde hier der Kapitulationsvertrag mit Matthias Corvinus abgeschlossen und von hier aus zog er feierlich in die Stadt ein, wo er bis zu seinem Tod fünf Jahre später regieren sollte. Während der 1. Türkenbelagerung wurde das Kloster zwar erst für die Verteidigung eingerichtet und auch mit einem Zaun umgeben und von hier aus griffen zu Beginn der Kampfhandlungen auch 400 Reiter die türkische Vorhut bei St. Marx an, als jedoch das Hauptheer der Osmanen erschien, wurde das Nikolaikloster niedergebrannt, um dem Feind keine Deckung zu geben.

Die Nikolaigasse im 1. Bezirk erinnert an eben jenes längst nicht mehr existierende Nicolaikloster, das sich einst dort befunden hatte und das im 13. Jahrhundert aus einer Schenkung eines reichen Bürgers als Filialkloster eben jenes Nikolaiklosters nahe dem Rochusmarkt entstanden war. Im 14. Jahrhundert wurde es den Nonnen aber entzogen und eine Ordenslehranstalt zu „St. Nicola“ eingerichtet. Nach turbulenten Jahren mit Blüten und Niedergang verfiel das Kloster immer mehr. Im frühen 16. Jahrhundert sollte es restauriert werden, dazu kam es aber nicht mehr, weil das Kloster bei einem Stadtbrand 1525 schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde und schließlich während der 1. Türkenbelagerung 1529 völlig ausbrannte. Dennoch gab es in der Folge immer wieder Besitzstreitigkeiten und unterschiedlichste Nutzungen für die Gebäude, bis es um 1650 zu einem Neubau und der Besiedelung durch den Clarissenorden kam. 1782 wurde das Kloster allerdings durch Joseph II aufgehoben und drei Jahre später abgerissen. Die Gebäude und die Kirche wurden demoliert, das Gelände neu parzelliert und Wohnhäuser darauf errichtet.


Quellen und weitere Infos:

 https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Nikolauskapelle

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Nikolauskapelle_(13)

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Nikolaikloster_(3)

https://www.katholisch.at/nikolaus

https://de.wikipedia.org/wiki/Nikolaus_von_Myra

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Nikolaikloster

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Matthias_Corvinus