Ein Pionier-Historiker aus Niederösterreich
Der breiten Öffentlichkeit ist Anselm Schramb heute kaum mehr bekannt, lediglich in Historikerkreisen ist sein Name noch ein Begriff. Dabei leistete der genau heute, am 20. Dezember 1720 verstorbene Benediktiner wichtige Pionierarbeit.
Geboren wurde Anselm Schramb am 15. September 1658 als Sohn des Sattlers Paul Schramb in St. Pölten. Als junger Mann trat er 1775 in den Orden der Benediktiner in Melk ein und legte dort 1676 sein Gelübde ab. Wenig später wurde er von seinem Abt zum Studium nach Wien geschickt, wo er im Jahr der zweiten Türkenbelagerung 1683 seine Primiz feierte. Diese Belagerung unterbrach auch die Studien des jungen Geistlichen in seiner Heimat. Er ging in die Benediktinerabtei nach Niederaltaich, unweit von Passau. Nach seiner Rückkehr in die Heimat unterrichtete er zuerst in Melk Philosophie, um dann aber später seine eigenen Studien fortzusetzen. Er ging nach Salzburg wo er ein Studium der Rechtswissenschaften absolvierte. 1688 finden wir den mittlerweile 30-Jährigen wieder in Melk als Lehrer wo er nun auch zum Bibliothekar ernannt wurde. In dieser Funktion betraut ihn Abt Gregor Müller mit der Erstellung einer Hauschronik. Dieses Werk sollte ihn zu einem der Pioniere der Geschichtswissenschaft machen.
Das 1702 erstmals erschienene "Chronicon Mellicense" ist eines der ersten historischen Werke Österreichs, das sich nicht nur auf eine Kompilation älterer Schriften sondern auch auf historische Quellen stützte.
Anselm Schramb orientierte sich bei seiner Arbeit an der französischen Reformkongregation der Mauriner. Dieses benediktinische Reformkongregation, die sich nach dem Heiligen Maurus benannte, war Anfang des 17. Jahrhunderts in Frankreich aus einer Krise des Mönchtums entstanden. Aus dem Bildungsideal der Mönche aber auch aus dem Wunsch, in Zeiten der Gegenreformation den Protestanten mit fundiertem Wissen um Geschichte und Tradition des Ordens im Besonderen und des Katholizismus im Allgemeinen entgegentreten zu können, entwickelte diese Reformkongregation die Grundlagen historisch-kritischen Arbeitens für sich. Für die Mauriner musste dementsprechend jede Argumentation mit möglichst vielen, korrekt ausgewerteten und vor allem authentischen Quellen beruhen.
Schramb nahm sich diese Arbeitsweise zum Vorbild und stütze sich bei der Erstellung seines "Chronicon Mellicense" daher auch auf die Arbeit seines Mitkonventualen und Schülers Philibert Hueber, der als Archivar in Melk tätig war und den Auftrag hatte, die Bestände des Hauses zu sichten und zu ordnen. Den von Hueber erstellten, fünfbändigen "Apparatus chronicus" nutzte Schram daher stark. In Druck gegeben wurde die Chronik Schrambs erst unter dem Nachfolger des beauftragenden Abtes Gregor Müller, Abt Berthold Dietmayr. Das in der Universitätsdruckerei Johann Georg Schlegels erschienene Werk wurde Kaiser Leopold I gewidmet, der es sehr geschätzt haben soll. Das Chronicon war aber nicht nur am Kaiserhof bekannt, sondern erreichte auch darüber hinaus weiter Verbreitung, was sich noch heute daran ablesen lässt, dass das Werk des niederösterreichischen Pionier-Historikers sich nach wie vor in den historischen Beständen zahlreicher Bibliotheken findet.
Quellen und weitere Infos:
Gregor Emmenegger, Die Kongregation von Saint-Maur (Mauriner) und ihre Kirchenvätereditionen. Zitiert nach: https://d-nb.info/1020543264/34
Patrick Fiska, Studien zu Leben und Werk Anselm Schrambs OSB (1658–1720). Mit einer Edition der Briefkorrespondenz, Magisterarbeit, Wien 2009.
https://www.gedaechtnisdeslandes.at/personen/action/show/controller/Person/person/schramb.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Anselm_Schramb
https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/person/gnd/100265510
https://reader.digitale-sammlungen.de/resolve/display/bsb11055299.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Mauriner