Ein Talisman? DER Talisman!

Johann Nepomuk Eduard Ambrosius Nestroy, der wenige Tage zuvor seinen 39. Geburtstag gefeiert hatte, brachte am 16. Dezember 1840 eines seiner heute bekanntesten und meistgespielten Stück auf die Bühne – den „Talisman“.

Nestroy war ein flinker Schreiber, was nicht nur sein Œuvre von mehr als 80 Stücken zeigte, sondern auch, dass er das Thema des Talismans von einem erst im Jänner des selben Jahres erschienenen Stück von Charles Désiré Dupeuty, das am Pariser Théâtre du Vaudeville uraufgeführt worden war, entlehnte. Er veränderte das Stück allerdings, adaptierte die musikalischen Einlagen und passte es den Anforderungen der österreichischen Zensur an. Nestroy selbst übernahm bei der Uraufführung die Rolle des Titus Feuerfuchs, seine Lebensgefährtin Marie Weiler, für die diese Vorstellung als Benefizvorstellung gespielt wurde, gab die Gärtnerin Flora Baumscheer und der Direktor des Hauses Carl Carl spielte die von Nestroy den ursprünglichen Rollen des Pariser Stücks hinzugefügte Figur des Bierversilberers Spund.

Für das „süße Mädel“, die Salome Pockerl, als einzige tatsächlich positive weil unvoreingenommene Frauenfigur, die ihn nur um seiner selbst willen liebt, wäre eigentlich die junge Eleonore Condorussi vorgesehen gewesen, doch Marie Weiler legte ihr Veto ein. Sie, die seit 1827 an Nestroys Seite war, befürchtete, der allzu enge berufliche Kontakt, könnte sich zu sehr ins Private entwickeln. Denn Nestroy war der jungen Darstellerin offenbar sehr zugetan und schrieb ihr auch immer bessere Rollen auf den Leib, was die Weiler freilich alarmiert hatte.

Der Talisman war eine freche wie heitere Posse mit durchaus ernstem Thema: Einem Außenseiter und von der Gesellschaft Ausgegrenzten, dem rothaarigen Titus Feuerfuchs eröffnen sich durch eine Veränderung seines Äußeren mittels einer Perücke, eben des Talismans, plötzlich ungeahnte Aufstiegsmöglichkeiten wie auch Chancen in der Liebe. Doch erst nach dem Verlust desTalismans und der Aufdeckung seiner wahren Identität erkennt er, wer wirklich zu ihm steht und zieht die ebenfalls rothaarige Salome Pockerl allen anderen Frauen vor.

Das Stück wurde zum glänzenden Erfolg und von Publikum und Kritik frenetisch aufgenommen. Zu Nestroys Leibzeiten war es das nach „Einen Jux will er sich machen“ meistgezeigte seiner Werke. Doch nach seinem Tod 1862 geriet „Der Talisman“ ebenso in Vergessenheit wie sein gesamtes Œuvres. Das änderte sich erst, als knapp 20 Jahre später, 1881 das Carl-Theater anlässlich seines 100-jährigen Bestehens zu Ehren seines ehemaligen Direktors (1854-1860) eine Nestroy-Woche veranstaltete. Der Erfolg war dermaßen überwältigend, dass daraus ein kompletter Nestroy-Zyklus wurde.

Heute ist der Talisman das meistgespielte Nestroy-Stück. Die Rollen des Titus Feuerfuchs und der Salome Pockerl gehören zu den begehrtesten und wurden unter anderem von so bekannten Darstellern wie Heinz Conrads, Helmuth Lohner, Peter Weck, Helmut Qualtinger oder bei den Damen Inge Konradi, Dolores Schmidinger oder Brigitte Swoboda gespielt.

 

Quellen und Infos:

Amir Ballaj, Johann Nepomuk Nestroy in der Tradition des Wiener Volkstheaters, Graz 2004.

https://www.nestroy.at/neu/leben-und-werk/texte-materialien/nestroy-stuecke-chronologisch/der-talisman/

https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Nestroy

https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Talisman

https://de.wikipedia.org/wiki/Marie_Weiler