Strauß´ „Lustiger Krieg“
Die Zeit, in der dieses heitere Werk rund um einen, wegen einer Lappalie ausgebrochenen Krieg, den eigentlich keiner führen will und der letztlich eher zu einem Verwirr- und Verwechslungsspiel gerät, entstand, war für Strauß selbst eher dramatisch.
1878 war seine erste Frau Jetty Treffz gestorben. Jetty – eigentlich Henriette – hatte Strauß überhaupt erst in seinen späten 40ern zum Theater gebracht. Zuvor hatte Strauß überwiegend Tanzmusik – immerhin Zeit seines Lebens rund 500 Walzer, Polkas, Mazurken und so weiter – komponiert und war damit erfolgreich in Wien und auf Tourneen gewesen. Doch das Leben für die Tanzmusik hatte einen erheblichen Nachteil – es war enorm anstrengend, da Strauß sich die Nächte um die Ohren schlagen musste und für veröffentlichte Werke gab es keine Tantiemen. Die geschäftstüchtige Jetty[1] hatte rasch erkannt, dass es am Theater, wo sehr wohl Tantiemen an den Komponisten flossen, gute Einnahmequellen für ihren Jean gab.
An Jettys Seite komponierte Strauß unter anderem die noch heute weltberühmte „Fledermaus“ oder „Cagliostro in Wien“. Doch Jetty, die einige Jahre älter als Strauß war, starb noch nicht ganz 60-jährig, nachdem sie schon längere Zeit körperliche Beschwerden gehabt hatte, 1878 vermutlich an einem Schlaganfall. Dass Strauß in der letzten Zeit, in der Jetty oft ans Haus gefesselt war, flügge wurde und bereits die Fühler nach der blutjungen Angelika Dittrich ausgestreckt hatte, scheint zumindest recht wahrscheinlich wenn man bedenkt, dass die junge Sängerin nur zehn Tage nach Jettys Ableben bereits Erkundigungen über die Modalitäten einer Eheschließung einholte und nur vier Wochen später tatsächlich Frau Strauß wurde.[2]
Doch mit Jettys Tod verschwand – zumindest vorübergehend – auch Johann Strauß´ musikalische Sicherheit. Eine Zeitung spottete nach dem Flop der Operette „Blindekuh“ im Dezember 1878, Strauß fehle es diesmal wohl an der nötigen „Treffz-Sicherheit“[3] was aber insofern ungerechtfertigt war, als die Operette ja teilweise noch zu Lebzeiten Henriettes entstanden war.[4]
Doch Strauß´ außerordentliches musikalisches Talent war freilich noch längst nicht aufgebraucht. Schon die nächste Operette „Das Spitzentuch der Königin“ kam besser an, doch es war noch nicht der durchschlagende Erfolg den Strauß nun so dringend brauchte. Schon am Beginn des Jahres 1881 konnte man in den Zeitungen lesen, dass das Theater an der Wien ein neues Libretto für Strauß suchte. Nach einigen Fehlschlägen schließlich ging der Auftrag an das Duo Friedrich Zell und Richard Ganée. Nun begann Strauß an der Musik zu arbeiten, nur unterbrochen durch die Kompositionen anlässlich der Hochzeit des Kronprinzen Rudolph mit Stephanie von Belgien. Schon zu dieser Zeit scheint es zu massiven Problemen in der Ehe von Johann und Lilly Strauß gekommen zu sein. Die Arbeiten an der Operette allerdings gingen gut voran. Im August 1881 konnte man sich im „Fremdenblatt“ bereits über den Probenfortschritt und die Besetzungsliste, auf der unter anderem Alexander Girardi eine wichtige Partie übernahm, informieren.[5] Girardi sollte zum Gelingen des „Lustigen Krieges“ überhaupt maßgeblich beitragen. Denn der von ihm gesungene Walzer „Nur für Natur“ entpuppte sich als Gassenhauer. Dabei war das Lied ursprünglich gar nicht vorgesehen gewesen. Es wurde erst wenige Tage vor der Uraufführung bei der Zensur eingereicht. Die Gründe zu lokalisieren ist heute nicht leicht. Möglicherweise wollte man den Text, von dem man befürchtete er konnte zu anstößig sein, auf diese Weise – also durch den Zeitdruck - durch die Zensur bringen.[6]
Es gibt aber auch die zweifellos viel spannendere Geschichte, Girardi – mittlerweile beim Publikum recht beliebt – habe vom Meister Strauß ultimativ einen Solo-Gesangswalzer verlangt, ansonsten würde er nicht auftreten. Strauß habe wütend nachgegeben und das Publikum sei schlicht begeistert gewesen.[7] Schon die Vorabberichte über die Generalprobe lobten das Werk und insbesondere den „Naturwalzer“ über alle Maßen.[8]
Die Vorschusslorbeeren wirkten. Die Uraufführung fand nicht nur vor ausverkauftem, sondern sogar vor überfülltem Haus statt. Noch bevor ein Ton erklungen war, wurde Strauß bereits frenetisch gefeiert. Sogar der strenge Zensurbeamte war in seiner Reaktion begeistert : „Das ausverkaufte Haus zeigte sich förmlich hingerissen von dem Melodien-Reichthume und der glanzvollen Ausstattung[…]“[9] Zahlreiche Nummern mussten unter den Beifallsrufen des Publikums wiederholt werden, Girardis mühsam erkämpfter Naturwalzer erklang sogar dreimal! Auch die Kritik überschlug sich mit Lob. Die „Presse“ etwa meinte, die Musik gehöre „zum Heitersten und Anmuthigsten was Strauß für die Bühne geschrieben hat.“ Ähnlich begeistert zeigten sich auch die anderen Wiener Blätter[10]
Der Erfolg der Operette „Der lustige Krieg“ hielt an. Die Vorstellungen waren auf Wochen im Voraus ausverkauft. Auch Mitglieder der kaiserlichen Familie kamen ins Theater an der Wien um Strauß´ neuestes Werk zu hören.[11] Von Wien aus eroberte der „Lustige Krieg“ nun die Welt. Aufführungen in New York und Stockholm aber auch aus Berlin wurden gemeldet. Die Premiere in Berlin hatte der Meister selbst dirigiert und auch dort wurde sie zum Erfolg. Innerhalb eines Jahres gab es allein dort 250 Aufführungen. In den folgenden Jahren kamen noch Aufführungen in Budapest, Brünn, Düsseldorf, Mainz, Stuttgart und vielen anderen Städten hinzu.[12] Zu Strauß´ Lebzeiten gehörte „Der lustige Krieg“ damit zu den meistgespielten seiner Werke.
Strauß häusliche Probleme allerdings nahmen indessen weiter zu. Denn die Ehe mit der 25 Jahre jüngeren Lilly hielt nicht lange, was vor allem an der Untreue Lillys lag. Denn sie, die sich von dem Workaholic Strauß vernachlässigt fühlte, begann nur kurze Zeit nach der Uraufführung des „Lustigen Krieges“ eine Affäre ausgerechnet mit dem Direktor des Theaters an der Wien, Franz Steiner - schließlich wollte sie auch als Sängerin Karriere machen.[13]
Als Johann Strauß davon erfährt ist er tief getroffen. Die Ehe mit Lilly wird schließlich 1882 von Tisch und Bett geschieden und an Steiner rächt sich Strauß indem er die Uraufführung seiner nächsten Operette nicht am Theater an der Wien sondern in Berlin über die Bühne gehen lässt –zum einzigen Mal in seiner Karriere. Die Beziehung von Steiner und Lilly hält übrigens auch nicht lange und Strauß konvertiert schließlich zum Protestantismus und wird Staatsbürger von Sachsen-Coburg-Gotha um seine dritte Ehefrau Adele heiraten zu können[14] – doch das ist schon wieder eine andere Geschichte….
Quellen und Infos:
Monika Fink, Die Operette Der lustige Krieg von Johann Strauß. Werkgeschichte und Rekonstruktion der Uraufführungsfassung, Frankfurt/Main 2000.
Thea Leitner, Fürstin, Dame, armes Weib. Ungewöhnliche Frauen im Wien der Jahrhundertwende. Wien 1998.
Georg Markus, Alles nur Zufall, Wien 2014.
Ernst Freiherr von Nadherny, Erinnerungen aus dem alten Österreich, Wien/Köln/Weimar 2009.
Anton Würz, Reclams Operetttenführer, Stuttgart 1953.
https://de.wikipedia.org/wiki/Der_lustige_Krieg
Bildnachweis:
Rita Klement www.vienna-city-guide.at
[1]
Leitner S. 11ff. und 49f sowie Würz
S. 58. [2] Leitner, S. 70 und Markus S. 111[3] in Anspielung an Jettys Namen Hentriette
Treffz[4] Leitner, S. 70 und Markus S. 113.[5]
Fink, S. 11ff.[6] Fink,
S. 13f. und S. 46f.[7] Nadherny,
S. 86.[8]
Fink, S. 14.[9]
Fink, S. 15.[10]
Fink, S. 16f.[11]
Fink, S. 27.[12]
Fink, S. 31.[13] Leitner, S. 71 und Markus S. 113.[14] Markus, S. 114