Von Donner gerührt

Georg Raphael Donner gehört zu den wichtigsten österreichischen Künstlern des 18. Jahrhunderts und sein berühmter Brunnen auf dem Neuen Markt zählt sicher auch unter die bekanntesten und schönsten Brunnenanlagen in Wien. Doch Donner schuf noch eine ganze Reihe weiterer Kunstwerke, die teils wenig bekannt, teils sogar fast unentdeckt sind!

Geboren wird Georg Raphael Donner 1693 ganz nahe der damaligen Kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt. Der kleine Ort Essling im Marchfeld ist heute ein Teil des 22. Wiener Gemeindebezirks. Sein Vater war Zimmermann, schon mit 11 ging Georg Raphael in die Lehre beim Hof- und Kammerjuwelier Kaspar Brenner, mit 17 kommt er zu Giovanni Giuliani der im Stift Heiligenkreuz arbeitete.[1]

Zu den frühen Arbeiten Donners, es ist eines jener eingangs erwähnten, wenig bekannten Kunstwerke, zählt eines der absoluten Baujuwele St. Pöltens – das Giebelrelief des Hauses Herrenplatz 2. Das Palais wurde 1724/25 für den Unterkommissär des Viertels unter dem Wienerwald Jakob Weinhardt von Thürburg errichtet. Während man früher eine Urheberschaft des in St. Pölten einst allgegenwärtig geglaubten Jakob Prandtauer vermutete, weil die Bauausführung in den Händen von dessen Verwandten Joseph Munggenast lag, ist heute wohl klar, dass das Gebäude eher dem Kreis um Johann Lukas von Hildebrandt zuzuordnen ist. Für das Giebelrelief der Aurora, die hier Rosen streuend über die Finsternis triumphiert und die sehr bewegt in die Tiefe gestürzt wird, holte man den damals noch jungen Georg Raphael Donner. Donner hat das Relief allerdings nur entworfen, die Ausführung der Stuckarbeit oblag dem St. Pöltener Bildhauer Joseph Pabel.[2]

In Wien kann Donner sich aber scheinbar noch nicht ganz etablieren, andere Künstler hatten alle Nischen besetzt und so geht er 1725 nach einigen Reisen, etwa nach Dresden und Italien, zunächst nach Salzburg.[3] Von dort aus reist er 1729 wieder nach Italien, um dort Steinmaterial zu kaufen, dann geht es weiter nach Pressburg, denn dort ist er mittlerweile in die Dienste des Fürstprimas Graf Emmerich Esterházy getreten. In der Hauptstadt des Königreichs Ungarn unterhält Donner nun bereits eine große Werkstatt und beschäftigt mehrere Schüler.[4]  Die Zeit in Pressburg war aber auch in anderer Hinsicht für seine künstlerische Arbeit von großer Bedeutung, denn hier arbeitet er zum ersten Mal mit Blei. Mit dem Metallguss, für den Donner sich schon lange interessiert hatte, lag ihm nun auch eine neu Formensprache offen und in Pressburg verfügt er sogar über ein eigenes Gusshaus.[5]

Doch trotz seiner Erfolge in Ungarn riss die Verbindung in die Kaiserliche Haupt- und Residenzstadt nicht ab und 1739 ging Donner schließlich endgültig wieder zurück nach Wien. Doch – und das ist ein absolutes Novum – Donner arbeitet hier nicht wie sonst üblich vor allem für das Kaiserhaus oder den Hochadel, sondern für das Bürgertum und den Rat der Stadt![6]

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts beginnt ganz Wien sich ein prächtiges Erscheinungsbild zu geben. Die Türkengefahr ist vorbei, man atmet auf und baut die arg in Mitleidenschaft gezogene Stadt in neuer Pracht aus. Neben dem Adel und dem Kaiserhaus wollen aber auch die Bürgerlichen der Stadt nicht zurückstehen und auch der Magistrat tut seinen Teil dazu. Das wenig ansehnliche alte Rathaus wird ab 1699 in seine heutige barocke Gestalt gebracht und auch andere städtische Bauwerke wie das bürgerliche Zeughaus werden neu errichtet bzw. neu gestaltet.[7]

Schon 1737, als Donner noch in Pressburg weilte, hatte der Stadtrat den Beschluss für den Bau der prächtigen Brunnenanlage auf dem damaligen Mehlmarkt – heute Neuer Markt – gefasst. Der Rat hatte beschlossen, den auf dem Platz befindlichen Ziehbrunnen zu beseitigen und dort eine Fontäne größeren Ausmaßes zu errichten. Zuvor waren im Auftrag des Kaisers auch Pranger und Galgen entfernt worden und nun war Platz um eine entsprechende Brunnenanlage zu bauen. Der Auftragsvergabe ging ein Wettbewerb zuvor in dem sich Georg Raphael Donner gegen Größen seiner Zeit wie Lorenzo Matielli durchsetzen konnte.[8] Der Brunnen auf dem Neuen Markt war damit das erste große Monument in Wien, das nicht vom Kaiserhaus oder dem Hochadel in Auftrag gegeben worden war, sondern von der Stadt Wien selbst.[9] Dementsprechend ist der nach seiner Mittelfigur so genannte „Providentiabrunnen“ auch bar jedes religiösen oder kaiserlichen Symbols. Die Providentia als Sinnbild von Voraussicht und Klugheit in der Mitte ist als Personifikation der „weisen Stadtregierung“ anzusehen, umgeben von den in der Donau am häufigsten vorkommenden Fischen und den Personifikationen der Flüsse March, Enns, Traun und Ybbs.[10] Diese Figuren am Rand des Brunnenbeckens sind von einer unglaublichen Bewegtheit. Die Traun in Gestalt eines jungen, unbekleideten Mannes ist aus dem Becken förmlich herausgestiegen und dreht sich dem Wasser zu.[11]

Der Stadtrat unter Bürgermeister Johann Adam von Zahlheim war offenbar mit dem Kunstwerk zufrieden und gab Donner kurz darauf den Auftrag zu einem weiteren Brunnen. Im Rathaus in der Wipplingerstraße sollte eine weitere Arbeit entstehen, der sogenannte Andromedabrunnen. Wieder ist eine mythologische Frauengestalt im Zentrum. Die Andromeda steht sinnbildlich für die Stadt Wien, der Drache der sie bedroht sind die Türken, die wenige Jahre zuvor noch die Stadt belagert hatten. Doch Perseus eilt der gefesselten Schönheit zu Hilfe, wie einst die Entsatztruppen das bedrängte Wien retteten. Dies ist einer der letzten Aufträge, die Donner ausführen kann. Die Brunnenanlage im Rathaus wird zwischen 1740/41 errichtet[12] – am 15. Februar 1741 stirbt Donner im Alter von nicht ganz 48 Jahren im Managetti-Haus am Wiener Heumarkt (heute 3. Bezirk).[13] Bei seinem Tod waren seine Vermögensverhältnisse höchst ungünstig, sodass seine Witwe sich sogar weigerte, das Erbe anzutreten um nicht die Schulden abtragen zu müssen. Wir wissen allerdings nicht, woher die Außenstände stammten, möglicherweise hatte er sich beim Ankauf von kostspieligem Material für seine Arbeiten verkalkuliert.[14]

Donners Kunst ist auch heute noch einzigartig. Sie ist nicht mehr der reine Barock aus dessen Formensprache er entwachsen war, dem Rokoko ist Donner nur mit einigen Arbeiten möglicherweise zuzurechnen, am ehesten wird man ihn wohl als einen – oder den - Wegbereiter des Klassizismus in Österreich bezeichnen können.[15]

Trotzdem wäre sein Hauptwerk beinahe dem Übereifer der Maria-Theresianischen Keuschheitskommissionen zum Opfer gefallen. Denn die Kommission, die eigentlich nur dem unkeuschen Treiben der WienerInnen ein Ende setzen sollte, hatte es sich auch zur Aufgabe gemacht, die Kunst „sauber“ zu halten. So erging 1771 der Auftrag die nackten Brunnenfiguren abzutragen. Zum Glück wurde mit dem Einschmelzen der Bildhauer Georg Martin Fischer beauftragt – der sich nicht an den kaiserlichen Befehl hielt und sie bis 1801 im Bürgerlichen Zeughaus versteckte um sie später wieder zu restaurieren[16] – doch das ist bereits wieder eine andere Geschichte….

Quellen und Infos:

Kurt Blauensteiner, Georg Raphael Donner, Wien 1947.

Felix Czeike, Wien und seine Bürgermeister. Sieben Jahrhunderte Wiener Stadtgeschichte. Wien/München 1974.

Thomas Karl/Herbert Karner/Johann Kronbichler/Thomas Pulle, Die Kunstdenkmäler der Stadt St. Pölten und ihrer eingemeindeten Ortschaften; Österreichische Kunsttopographie Band LIV, Horn 1999.

Helmar Kögl, Georg Raphael Donner 1693 – 1741. Von der barocken Formensprache zur neuen Klassik, Wien 1991.

Georg Markus, Adressen mit Geschichte, Wo berühmte Menschen lebten. Wien 2014.

Constantin von Wurzbach, Donner, Georg Raphael. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 3. Theil. Verlag der typogr.-literar.-artist. Anstalt (L. C. Zamarski, C. Dittmarsch & Comp.), Wien 1858, S. 366–369.


Bildnachweis:

Fotos: www.vienna-city-guide.at © Rita Klement




[1] Kögl, S. 8ff. und Blauensteiner S. 11.

[2] Karl et.al. 141ff.

[3] Kögl, S. 8ff und Blauensteiner S. 11.

[4] Blauensteiner, S. 11.

[5] Kögl, S. 15ff. und Blauensteiner 22ff.

[6] Blauensteiner, S. 11.

[7] Mattl-Wurm, S. 23ff.

[8] Matttl-Wurm, S. 24f. und Czeike, S. 235f.

[9] Kögl, S. 3.

[10] Mattl-Wurm, S. 25 und Czeike, S. 235f.

[11] Kögl, S. 21.

[12] Czeike, S. 235f.

[13] Kögl, S. 43.

[14] Wurzbach, S. 366.

[15] Kögl, S. 7, 43 und Blauensteiner 8ff.

[16] Markus, S. 378f.