Ein Sonntagskind – aber ohne Glück!

Der 24. Dezember 1837 fiel auf einen Sonntag – an solch einem Tag geboren zu sein, müsste doch ein besonderes Glück bedeuten – doch auf die wittelsbachische Prinzessin, die an diesem Tag in München das Licht der Welt erblickte, sollte ein eher schwieriger denn glücklicher Lebensweg warten.

Bekannt ist sie Millionen von Fernsehzuschauern als Sisi – die strahlend schöne, junge Kaiserin von Österreich. Sie ist zweifellos die bekannteste Figur des österreichischen Kaiserhauses und selbst weniger Geschichtsinteressierten erscheint sie recht vertraut. Schließlich kann man noch heute in Wien kaum einen Schritt tun, ohne irgendwo über ihr Konterfei zu stolpern. Doch wer war sie wirklich - hinter dieser Fassade aus Kitsch und Zuckerguss?

Jedenfalls eine Frau, die in den 60 Jahren ihres Lebens so manchen Schicksalsschlag erlebte. Sie war gerade 16 1/2  Jahre alt, als sie im April 1854 verheiratet wurde – wie sehr sie selbst diese Hochzeit wollte, dies Geheimnis hat sie mit ins Grab genommen. Elisabeth wurde damit jedenfalls schlagartig aus einer zwar privilegierten und auch reglementierten adeligen aber trotzdem verhältnismäßig unkonventionellen Atmosphäre in das strenge Zeremoniell des Wiener Hofes katapultiert.

Dabei war ihre Familie bei Weitem nicht der glückliche Hort ihrer Kindheit, den die Filmindustrie uns zeigt. Ihr Vater war Herzog IN Bayern, nicht VON Bayern – das bedeutete, Elisabeths Familie war eine Nebenline der Wittelsbacher, die nicht mit der Regierung betraut – und belastet – war. Ihr Vater hatte von seinem Großvater ein großes Vermögen geerbt und konnte sich erlauben, hemmungslos seinen Neigungen zu frönen. Die Ehe des Herzogs Max in Bayern mit Ludovika VON Bayern, sie war die Tochter des bayerischen Königs Maximilian I. Joseph, verlief trotz der Geburt von nicht weniger als 10 Kindern alles andere als glücklich. Ludovika hatte sich nämlich in einen portugiesischen Prinzen verliebt, den sie allerdings aus Staatsraison nicht ehelichen durfte, und auch Max war nicht glücklich über die Gattin, die man ihm angetraut hatte. Trotzdem – oder deshalb – wuchs Elisabeth für die Zeit, in die sie hineingeboren wurde, für eine Tochter der Hocharistokratie relativ frei auf.

Der Wiener Hof allerdings, an den sie nach der Heirat mit dem jungen Kaiser Franz Joseph kam, war wohl das genaue Gegenteil von Freiheit. Und auch wenn ihre Schwiegermutter Erzherzogin Sophie durchaus nicht die böse Hexe war, als die sie vor allem in den Marischka-Filmen aus den 50er Jahren dargestellt wird, saß dieser Schock wohl tief. 11 Monate nach der Hochzeit wurde die erste Tochter Sophie Friederike geboren – Elisabeth war zu diesem Zeitpunkt 17 Jahre und fünf Monate alt – weniger als zwei Jahre später war diese erste Tochter tot – Elisabeth war noch keine zwanzig. Sie war ein Teenager mit Erlebnissen, die viele erwachsene Frauen nicht so ohne weiteres verdaut hätten. Vielleicht lagen in diesen dramatischen Jahren ihrer Jugend auch einige der Gründe für ihre spätere Exaltiertheit, ihre Ausbrüche und Launen.

Denn auch die Ehe mit Franz Joseph verlief alles andere als glücklich – zu verschieden waren die beiden Charaktere, als dass eine wirkliche tiefe Verbundenheit überhaupt möglich gewesen war. Ihm – der genug damit zu tun hatte, sein Land, das eben erst eine Revolution mühsam verdaut hatte, wieder der – in den Augen der Habsburger – gottgewollten Ordnung zuzuführen – war es nicht möglich, dem jungen Mädchen in dieser Zeit wirklich beizustehen – wahrscheinlich hätte er sie auch gar nicht verstanden.

Elisabeth Amalie Eugenie Habsburg-Lothringen, Kaiserin von Österreich und geborene Prinzessin in Bayern war aber natürlich zweifellos auch ein schwieriger Charakter. Sie setzte als Erwachsene rücksichtslos ihre Interessen durch und genoss zwar die Privilegien ihrer Stellung weidlich ohne sich um die Verpflichtungen derselben zu scheren. Stets wird ihr Bild zwei Seiten haben. Für die einen ist sie die engelsgleiche Kaiserin mit der Aura einer verwunschenen Prinzessin, für die anderen ist sie nur eine egoistische Neurotikerin.

Ihr Wesen war wohl schwärmerisch, ihre Hinwendung zu von ihr verehrten Persönlichkeiten, etwa zu Heinrich Heine, war zweifellos exaltiert. Heute würde Elisabeth wohl ein absoluter Medienstar sein – ein Schönheitsideal, ein It-Girl mit unzähligen Bildern auf Instagram und Titelbildern in allen Illustrierten. Vielleicht wäre sie auch ein Fitness-Guru und schriebe Bücher über Ernährung. Doch im erzkonservativen Österreich des 19. Jahrhunderts an der Seite eines ausgesprochen pflichtbewussten aber wohl auch recht biederen Gatten, boten sich ihr kaum Möglichkeiten – außer der Flucht. Sie brach aus und verwirklichte ihren Traum vom freien Leben so gut sie es eben vermochte – und das freilich auch wenn sie anderen damit schadete. Ein abschließendes Urteil wird man heute, über 120 Jahre nach ihrem Tod nicht mehr fällen können, zu komplex ist ihr Wesen, zu widersprüchlich sind die Quellen und Überlieferungen, die Bewunderer und Kritiker gleichermaßen hinterließen.

Das einzige was wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit annehmen können ist, dass Elisabeth ein zutiefst unglücklicher, zerrissener Mensch gewesen sein muss – mehr Pechvogel denn Glückskind.

Ihre letzten Lebensjahre waren überschattet vom Tod eines zweiten Kindes -  ihres einzigen Sohnes – was bei den um die dynastische Kontinuität so besorgten Habsburgern eine doppelte Katastrophe war. Kronprinz Rudolph hatte sich 1889 zudem auch noch selbst getötet, nachdem er zuerst die blutjunge Baronesse Mary Vetsera erschossen hatte, die bereit war, mit ihm in den Tod zu gehen.

Wenige Jahre zuvor hatte man begonnen im Zuge der Errichtung eines repräsentativen Kaiserforums unter Einbeziehung der altehrwürdigen Hofburg die sogenannte Neue Burg zu bauen. Man ging damals noch vom steigenden Platzbedarf einer wachsenden, gedeihenden kaiserlichen Familie aus – doch daraus wurde bekanntlich nichts. Rudolph hinterließ nur eine Tochter die später auch noch einen Sozialisten heiratete und der spätere Thronfolger Franz Ferdinand lebte ab 1900 in morganatischer Ehe und durfte somit nicht in der Hofburg residieren – und die unglückliche Kaiserin Elisabeth selbst war 1889 in Genf ermordet worden.

Die Neue Burg – die repräsentatives Heim einer großen kaiserlichen Familie hätte werden sollen – wurde niemals bewohnt sondern wurde zum Museum umfunktioniert.

 

Quellen und weitere Infos:

 

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Elisabeth_(%C3%96sterreich,_Kaiserin)

https://www.sueddeutsche.de/bayern/historie-sisis-vater-war-ein-aristokratischer-sonderling-1.3191433

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Neue_Burg

https://de.wikipedia.org/wiki/Sophie_Friederike_von_%C3%96sterreich

https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_von_%C3%96sterreich-Ungarn