Napoleon regiert von Wien aus

Das 18. Jahrhundert war für Wien eine recht blühende Zeit gewesen, doch kurz vor dem Beginn des neuen Jahrhunderts trat auch ein neuer Feind auf den Plan, der die Geschicke der habsburgischen Länder und ihrer Hauptstadt für immer verändern sollte – Napoleon Bonaparte!

Wien hatte eine lange friedliche Periode erlebt, in der die Stadt selbst nicht zum Kriegsschauplatz geworden war, als man sich im Zuge des Ersten Koalitionskrieges 1797 erstmals genötigt sah, Wien auf einen Angriff der Französischen Truppen vorzubereiten. Mit dem Frieden von Campoformido konnte die Kriegsgefahr für die kaiserliche Haupt- und Residenzstadt aber abgewendet werden. Doch schon im Jahre 1800 musste die Stadt erneut Kriegsvorbereitungen treffen. Auch der Zweite Koalitionskrieg gegen Napoleon verlief für die kaiserlichen Truppen nicht eben günstig.[1]  

Der Dritte Koalitionskrieg des Jahres 1805 allerdings, den Österreich völlig unvorbereitet begonnen hatte, brachte die französischen Truppen mit Napoleon an der Spitze Anfang November tatsächlich vor die Tore Wiens.[2] Doch Napoleon wurde von der Bevölkerung keineswegs nur als Eroberer oder Aggressor gesehen. Die Wiener waren vielmehr zwiegespalten. Als der Kaiser der Franzosen am 13. November 1805 in Wien einzog – fünf Tage nachdem der Kaiser der Österreicher (und noch immer „römische Kaiser“) die Stadt verlassen hatte, schlugen Napoleon durchaus auch Sympathien entgegen.[3] Die Wiener waren unzufrieden mit ihren Obrigkeiten, es war sogar vereinzelt zu Demonstrationen gekommen, in deren Zuge sogar das kaiserliche Wappen von den Amtslokalen der Gefällämter abgenommen wurde. Schaulustige versammelten sich an der Mariahilfer Linie und bildeten ein Spalier für die Französischen Truppen.[4]

Während der zwei Wochen in Schönbrunn regierte Napoleon sein Reich von Wien aus und schloss hier auch außenpolitische Verträge.

Im Vertrag von Schönbrunn vom 15.12. 1805 etwa sollte ein Bündnis zwischen Frankreich und Preußen geschlossen werden, das im Gegenzug für die Abtretung von Neuchâtel und Kleve an Frankreich die Annexion Hannovers durch Preußen vorsah. Allerdings ratifizierte der Preußische König Friedrich Wilhelm III. den Vertrag nicht – hätte er doch damit angesichts des nur knapp ein Monat zuvor geschlossenen Abkommens mit dem Zaren sein Gesicht verloren. Die Verzögerungspolitik des Hohenzollern sollte sich allerdings nicht auszahlen, denn letztendlich war sein Unterhändler Haugwitz genötigt, den für Preußen weit unvorteilhafteren Vertrag von Paris im Februar 1806 zu unterzeichnen.[5] Die Politik Napoleons war allerdings ebenso zweischneidig, denn zur gleichen Zeit in der seine Unterhändler mit Preußen verhandelten, stellte Napoleon England die Rückgabe Hannovers in Aussicht. Der Vertrag von Schönbrunn sollte letztlich kaum Gewicht bekommen, denn nicht zuletzt seine Bedingungen trugen zum Ausbruch des vierten Koalitionskrieges bei, der in der völligen Niederlage Preußens endete, das einer vollkommenen Vernichtung nur durch die Fürsprache des Zaren entging.[6]

Vier Jahre nachdem ein „Vertrag von Schönbrunn“ eine der verheerendsten Niederlagen Preußens eingeleitet hatte, musste auch das Kaisertum Österreich in Schönbrunn ein Vertragswerk unterzeichnen. 1809 hatte man eine neuerliche Offensive gegen den Franzosen gestartet, die allerdings kläglich scheiterte. Nach nächtlichem Beschuss kapitulierte die Stadt im Mai 1809. Napoleon residiert neuerlich in Schönbrunn und Österreich muss im „Frieden von Schönbrunn“ weiten Gebietsabtretungen zustimmen.[7]

 

Quellen und weitere Infos:

Peter Scendes/Ferdinand Oppl, Wien. Geschichte einer Stadt, Band 3, Wien/Köln/Weimar 2003.

Illustrierte Weltgeschichte, Vierter Band, Leipzig 1850.

Elisabeth Fehrenbach, Vom Ancién Regime zum Wiener Kongress, München 2008.

Regina-Bianca Kubitscheck, Napoleón I. Bonaparte. In:  Bd. XXVI Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Nordhausen 2006, Spalten 985-1008.

Johannes Sachslehner, Wien. Eine Geschichte der Stadt, Wien/Graz/Klagenfurt 2012.

https://de.wikipedia.org/wiki/Vierter_Koalitionskrieg

https://www.habsburger.net/de/kapitel/napoleon-schoenbrunn

https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Sch%C3%B6nbrunn

 

 



[1] Csendes/Opp,l S91 ff.

[2] Csendes/Oppl, S. 92.

[3] Sachslehner, S. 190.

[4] Csendes/Oppl,  S. 92

[5] Weltgeschichte, S. 681ff.

[6] Fehrenbach, S. 52.

[7] Sachslehner, S. 191f.