Trauer im Schatten des Kaisers

Als Elisabeth Wilhelmine Louise Erzherzogin von Österreich, eine geborene Prinzessin von Württemberg und die erste Frau des späteren Kaisers Franz II./I., am 18. Februar starb, war sie noch nicht ganz 23 Jahre alt. Sie erlitt das Schicksal vieler Prinzessinnen der frühen Neuzeit – sie wurde vermählt, um für die Thronfolge zu sorgen und starb im Kindbett. Ihr Tod stand aber auch in engem Zusammenhang mit dem Ableben ihres Schwiegeronkels, des Kaisers Joseph II. Die schwangere Prinzessin soll, durch den Anblick des todkranken Kaisers zutiefst erschrocken, einen Ohnmachtsanfall erlitten haben, der zwei Tage danach zu einer verfrühten Niederkunft führte.[1] Nach stundenlangen Wehen gebar Elisabeth am Abend des 17. Februar 1790 eine Tochter. Doch die schwere Geburt hatte sie offenbar zu sehr geschwächt, so dass die junge Mutter am nächsten Morgen um sechs Uhr, kaum 10 Stunden nach der Geburt, verstarb. Ihre kleine Tochter wurde wenige Stunden nach dem Tod ihrer Mutter auf den Namen Aloysia Franziska Elisabeth getauft.[2] Auch ihr war kein langes Leben beschieden, das kleine Mädchen starb bereits im Jahr darauf im Alter von nur 16 Monaten.[3]

Kaiser Joseph II war tief getroffen vom Tod der Kronprinzessin. Er hatte sich, nachdem man das Mädchen bereits Jahre vor der Heirat, erst 15-jährig, nach Wien geholt hatte und sie nach ihrer Konversion zum Katholizismus bei den Salesianerinnen ausbilden ließ, rührend um sie gekümmert. Das dankte Elisabeth ihm, dem oft schwierigen, mit herzlicher Zuneigung.[4]

Nun wollte es das Schicksal, dass der Kaiser nur zwei Tage nach Elisabeth Wilhelmine starb. Diese beiden allerhöchsten Todesfälle innerhalb von 48 Stunden stellten den Hof aber vor eine logistische Herausforderung, war der Tod eines Habsburgers doch immer auch ein Anlass, bei dem die gesamte Pracht des Kaiserhauses gezeigt werden musste. Denn Repräsentation war ja keineswegs ein Selbstzweck, sondern wichtiger Teil herrschaftlichen Handelns.

Der kaiserliche Hofarchitekt Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg hatte daher nun alle Hände voll zu tun, um die beiden Kirchen, in denen die jeweiligen Trauerfeierlichkeiten, die sich über Tage erstreckten, zelebriert wurden, auch entsprechend zu dekorieren. An den habsburgischen Höfen war es ja seit langem üblich, die Beisetzungen der Mitglieder der allerhöchsten Herrscherfamilie auf ganz besondere Weise zu zelebrieren. Diese „Pompae funebres"[5] machten aus den Begräbnissen der Herrscherfamilie einen feierlichen Staatsakt und stellen die Trauergerüste in die Tradition antiker römischer Begräbnisrituale.[6] Die überreiche Ausstattung der Kirchendekoration und des Trauergerüst befriedigen dabei die Schau- und Sensationslust der Bevölkerung ebenso wie das Repräsentationsbedürfnis des Herrscherhauses. Sie wurden in Kupferstichen abgebildet und die Zeitungen brachten ausführliche und sehr detailreiche Beschreibungen.

Die Trauerfeierlichkeiten endeten dabei übrigens keineswegs mit der Beisetzung. Denn diese wurde relativ rasch nach dem Tod vorgenommen. Erzherzogin Elisabeth Wilhelmine etwa wurde weniger als zwei Tage nach ihrem Tod bereits feierlich in die Kapuzinergruft geleitet. Die Wiener Zeitung, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht täglich, sondern nur „posttäglich“, also mit den einlaufenden Nachrichten, erscheint, kündigt die Beisetzung in der Ausgabe vom 20. Februar für den Abend des selben Tages an[7] und schildert das gesellschaftliche Ereignis in der darauffolgenden Ausgabe ausführlich.[8]

Auch der Kaiser wurde zwei Tage nach seinem Tod mit einem ungemein aufwändigen Trauerzug von der Augustinerkirche zur Kapuzinergruft gleietet, wo er beigesetzt wurde.[9] Nun folgten die sogenannten Totenvigilen[10] in der Augustinerkirche in der der Kaiser zuvor auch aufgebahrt gewesen war. Obwohl Elisabeth Wilhelmine zwei Tag vor dem Kaiser verstorben war, wurden die für sie zelebrierten Totenvigilen nach denen für den Kaiser und nicht in der Augustinerkirche sondern in der Hofburgkapelle abgehalten.

Eine Abstufung gab es bei den beiden Trauerfeierlichkeiten aber nicht nur in der zeitlichen Reihenfolge sondern natürlich auch in der Ausstattung. Während etwa das castrum doloris für Joseph II. 26 Schuh, also 8,2 Meter hoch war, 8 Stufen aufwies und von 372 silbernen Leuchtern erhellt wurde[11] maß das Trauergerüst für Elisabeth in der Hofburgkapelle wo ab dem 28. Februar die Vigilen zelebriert wurden nur 24 Schuh, also 7,5 Meter. Es hatte zudem nur fünf Stufen und ringsum waren lediglich 144 Leuchter drapiert.[12]

Die Architektur dieser Trauergerüste, so prachtvoll sie auch waren, war nicht für die Ewigkeit gedacht. Sie wurden für die Trauerzeit errichtet und danach demontiert. Dass wir heute noch einen lebhaften Eindruck von dieser ephemeren Architektur haben, verdanken wir Kupferstechern wie Hieronymus Löschenkohl. Das Trauergerüst für Kronprinzessin Erzherzogin Elisabeth Wilhelmine stach er am 1. März 1790. Das Blatt zeigt uns noch heute die eindrucksvolle Konstruktion zu ehren der so jung verstorbene Prinzessin.

 

Bildnachweis:

Johann Hieronymus Löschenkohl (Verlag), Das Trauergerüst der Erzherzogin Elisabeth in der Hofkapelle am 1. März 1790, 1790, Sammlung Wien Museum, CC0 (https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/134551/)

 

Quellen und Infos:

 

Michael Brix, Trauergerüste für die Habsburger in Wien. In: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band 26, Wien 1973, S. 208-266.

Brigitte Hamann, Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon, Wien 1988.

Wiener Zeitung, Nr. 15, 20. Februar 1790.

Wiener Zeitung, Nr. 16, 24. Februar 1790.

Wiener Zeitung, Nr. 17, 27. Februar 1790.

Wiener Zeitung, Nr. 18, 3. März 1790.

https://anno.onb.ac.at/

http://www.architektenlexikon.at/de/1105.htm

https://kapuzinergruft.com/erzherzogin-louise-elisabeth-francisca

https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/134551-das-trauergeruest-der-erzherzogin-elisabeth-in-der-hofkapelle-am-1-maerz-1790/

https://anno.onb.ac.at/

 

 



[1] Hamann, S. 90.


[2] Wiener Zeitung Nr. 15, 20. Februar 1790.


[3] https://kapuzinergruft.com/erzherzogin-louise-elisabeth-francisca


[4] Hamann, S. 90.


[5] Antiker Begräbnisumzug. In der Neuzeit aus Italien übernommen. Das noch heute in Wien gebräuchliche Wort Pompfüneberer für einen Bestatter leitet sich hiervon ab.


[6] Brix, S. 2010ff.


[7] Wiener Zeitung Nr. 15, 20. Februar 1790.


[8] Wiener Zeitung Nr. 16, 24. Februar 1790.


[9] Wiener Zeitung Nr. 17, 27. Februar 1790.


[10] Abendliche Messen


[11] Wiener Zeitung Nr. 17, 27. Februar 1790.


[12] Wiener Zeitung Nr. 18, 3. März 1790.